Gehörlose Opfer einer Straftat erhalten keine ausreichende Unterstützung, da sich die Hilfsangebote in der Regel an Hörende richten. Aus diesem Grund erarbeitet der WEISSE RING bundesweit gemeinsam mit dem Deutschen Gehörlosenbund ein Konzept, um gehörlosen und hörgeschädigten Kriminalitätsopfern zur Seite zu stehen. Für einen Ideen- und Informationsaustausch hinsichtlich einer praktischen Umsetzung in Hamburg lud der WEISSE RING Hamburg Vertreter des örtlichen Gehörlosenverbandes ein und freute sich Thomas Worseck (Geschäftsführer), Stefan Palm-Ziesenitz (1. Vizevorsitzender) und Sofia Wegner (Erziehungshilfe und Beauftragte für Gewaltschutz beim Deutschen Gehörlosenbund) begrüßen zu dürfen.
Sie erhielten als Einführung allgemeine Informationen zum Verein und seinem Hilfsangebot sowie zur Motivation des WEISSEN RINGS, gehörlose Opfer zukünftig besser zu unterstützen. Dazu wurde das in Mainz durchgeführte, zweiteilige Seminar erwähnt, in dem überwiegend gehörlose Referentinnen, zu denen auch Sofia Wegner gehörte, eine Gruppe ehrenamtlicher sowie hauptamtlicher Mitarbeiter*innen des WEISSEN RINGS über die hohe Anzahl gehörloser Gewaltbetroffener, das für sie mangelnde Hilfsangebot sowie die psychischen Konsequenzen in Kenntnis setzten. Die präsentierten Fakten lösten bei den Seminarteilnehmer*innen neben Betroffenheit vor allem das Bewusstsein für die Notwendigkeit aus, gehörlosen Opfern eine zielgruppenorientierte Betreuung zu bieten.
Gleichzeitig wurden die Semiarteilnehmer*innen für Besonderheiten sensibilisiert und über irrtümliche Ansichten Hörender aufgeklärt. So ist es z. B. falsch anzunehmen, wer nicht hören und daher nicht oder schwer verständlich sprechen kann, könne dennoch schreiben. Die Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache mit eigener Grammatik, die sich von der deutschen Lautsprache deutlich unterscheidet. Die deutsche geschriebene Sprache basiert daher für Menschen, die in Gebärdensprache kommunizieren, auf einer Fremdsprache. Eine korrekte Orthografie und Grammatikanwendung bereitet auch vielen Hörenden Schwierigkeiten. Gehörlose werden mit einer viel größeren, nahezu unvorstellbaren Herausforderung konfrontiert. Einige von ihnen beherrschen diese Schriftsprache sehr gut, andere nur rudimentär oder gar nicht. Sie ist in jedem Fall nicht als ein selbstverständliches Kommunikationsmittel vorauszusetzen.
Aus diesem Grund drehten sich während des Treffens mit den Gästen vom Gehörlosenverband viele Themen um Möglichkeiten der Kommunikation. Vorschläge und Wünsche wurden gesammelt mit dem Ziel, bis spätestens zum ersten Quartal des Jahres 2018 ein praktikables Konzept vorstellen zu können. Der WEISSE RING Hamburg wird geäußerte Wünsche auch vereinsübergreifend in seinem Netzwerk thematisieren und freut sich nach dem heute stattgefundenen Austausch auf die gute und inspirierende Zusammenarbeit mit dem Hamburger Gehörlosenverband.