In dem gut besuchten Gottesdienst thematisierten Bischöfin Fehrs und die geladenen Gastredner unter dem Motto "Mut zum Leben - danach" die Frage, wie Menschen nach einer Traumatisierung wieder zurück in ihr Leben finden können, das nicht so sein kann wie zuvor. v. l. Gottesdienstbesucher Thomas Menzel, Leiter des Landeskriminalamtes, Ralf Martin Meyer, Hamburger Polizeipräsident und Wiebke Jaffé Die Skizzierung der Lebenswege einiger Menschen, die großes Leid erfahren mussten, zeigte die Möglichkeiten zur Erlangung von Stärke und neuem Mut auf. Daniel Abdin erinnerte an Süleyman Tasköprü, den am 27. Juni 2001 in Bahrenfeld rassistisch motivierte NSU-Täter erschossen. Seine Familie, die seit 14 Jahren vom WEISSEN RING betreut wird, musste nach dem Mord ein Jahrzehnt falsche Verdächtigungen aufgrund des Versagens der Sicherheitsbehörden erleiden und darüber hinaus bis heute den sich hinziehenden Prozess. Wolfgang Rose sprach über zwei prominente Hamburger Opfer des nationalsozialistischen Hitler-Regimes: die heute 90-jährige jüdische Musikerin Esther Bejarano, die das Grauen von Auschwitz überlebte und den 2014 verstorbenen Journalisten und Schriftsteller Ralph Giordano, der als Sohn einer jüdischen Mutter einen Teil seiner Jugend versteckt in einem Keller verbrachte. Christoph Rickels berichtete aus seinem Leben. Nach dem Besuch einer Diskothek erhielt der junge Rapper einen Faustschlag ins Gesicht. Als er vier Monate später aus dem Koma erwachte, war sein Leben durch sprachliche und motorische Einschränkungen ein anderes - bis zum heutigen Tag. Vanessa Leite mit Lichtern zum Gedenken an Kriminalitätsopfer Neuen Lebensmut gewannen diese von Gewalt betroffenen Menschen auf verschiedene Weise - durch den Dialog mit anderen, durch ihr Engagement für Zivilcourage und für Gewaltprävention, durch ihren Einsatz gegen das Vergessen, durch die Liebe zu den Menschen, denen sie eng verbunden sind und nicht zuletzt durch die Unterstützung des WEISSEN RINGS. "Man darf den Tätern nicht Macht geben, indem man im Schatten bleibt", sagte Bischöfin Fehrs. Der Weg hinaus aus diesem finsteren Tal führe durch das Anschauen dessen, was geschehen sei, das darüber Sprechen, das Zuhören, Verstehen und Trösten - das Miteinander. An das Miteinander im Sinne des interkulturellen Dialogs appellierte auch Daniel Abdin. Er betrachte mit großer Sorge die zunehmende Islamfeindlichkeit, von der besonders junge, in Deutschland aufgewachsene Muslime, die sich als Teil der deutschen Gesellschaft verstehen, enttäuscht sind. Die unbedingte Notwendigkeit der Differenzierung zwischen friedliebenden und gewalttätigen Menschen, unabhängig von Religion und Nationalität, zeigte Abdin deutlich anhand der Ähnlichkeiten zwischen radikal-muslimischen und gewaltbereiten deutsch-nationalen Gruppierungen auf. Sie seien zwei Seiten einer Medaille. "Diese Medaille des Hasses, des Rassismus, des Extremismus und der Menschenfeindlichkeit ist eine Bedrohung für unseren sozialen und gesellschaftlichen Frieden." Dass es in Deutschland keinen Raum für Vorurteile, Diskriminierung und Stigmatisierung geben dürfe, betonte auch Wolfgang Rose: "... die Erfahrung des Holocaust lehrt uns ein für alle Mal, dass Faschismus und Rassismus keine Meinung sind, sondern ein Verbrechen." Fotos: Lutz Jaffé Christoph Rickels Video zu dem Musikprojekt "Mut zum Leben" können Sie anschauen auf YouTube unter https://www.youtube.com/watch?v=Gu6LBG2IyE4Zum fünften Mal fand in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi anlässlich des "Tages der Kriminalitätsopfer" ein Gottesdienst statt, den auch in diesem Jahr Bischöfin Kirsten Fehrs und der WEISSE RING gemeinsam durchführten. An der Gestaltung beteiligt waren u. a. Daniel Abdin, Vorsitzender des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, Wolfgang Rose, MdHB (SPD), Christoph Rickels, Musiker und selbst von Gewalt Betroffener, sowie der Jazzpianist Prof. Gottfried Böttger.