Verleihung des Verdienstordens am Bande der Bundesrepublik Deutschland durch Innensenator Andy Grote (r.) an Wolfgang Sielaff. Foto: WEISSER RING e. V.
Im Hamburger Rathaus wurde am gestrigen Dienstag Herrn Wolfgang Sielaff im Kreise von Familie und Weggefährten der Bundesverdienstorden am Bande verliehen. Senator Andy Grote, der die Auszeichnung überreichte, betonte in seiner Ansprache, es sei ihm eine besondere Ehre, einen Mann zu würdigen, der sich über viele Jahrzehnte mit außerordentlichem Engagement für den Schutz und die Rechte der Opfer stark gemacht habe.
Mit dem Bundesverdienstorden werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die in herausragender Weise politische, wirtschaftliche, kulturelle oder geistige Leistungen erbracht haben wie auch besondere Verdienste im sozialen oder karitativen Bereich. Sielaff steht vorbildlich für diesen Einsatz.
Während seiner aktiven Laufbahn als Kriminalist bei der Hamburger Polizei war Sielaff als LKA-Leiter, Landespolizeiinspekteur und Polizeivizepräsident tätig. Bereits in dieser Zeit setzte sein Engagement für Menschen ein, deren Leben durch schwere Straftaten eine tragische Wendung genommen hatte. "Sie sind ein Stück weit der Vater des ersten polizeilichen Zeugenschutzprogramms der Bundesrepublik Deutschland", sagte Grote.
Nach seiner Pensionierung intensivierte Sielaff sein Engagement weiter. Mit großer Entschlossenheit setzte er sich für die Belange von Opfern ein. Sein Antrieb dabei resultierte nicht allein aus seinem Beruf - er kannte das Leid, das Kapitalverbrechen bei Angehörigen hinterlassen, auch aus dem eigenen familiären Umfeld. Im Jahr 1989 verschwand seine Schwester Birgit, die im Landkreis Lüneburg lebte. Gemeinsam mit einem von Sielaff aufgebauten Team aus Fachleuten gelang es ihm im Jahr 2017 nach beharrlichen, privaten Ermittlungen, den Mord an seiner Schwester aufzuklären. Sein Einsatz gab nicht nur der eigenen Familie Antworten, sondern auch den Angehörigen weiterer Opfer des sogenannten "Gördemörders".
Sein Wissen, seine Erfahrung und sein Mitgefühl brachte Sielaff ab 2004 als Landesvorsitzender des WEISSEN RINGS Hamburg in die Opferhilfe ein. Bis 2014 prägte er die Arbeit der Organisation maßgeblich. In seiner ehrenamtlichen Funktion verlieh er Opfern eine Stimme - in der Öffentlichkeit, in politischen Gremien und im direkten Kontakt mit Entscheidungsträgern. Er setzte sich mit Nachdruck dafür ein, dass Kriminalitätsopfer nicht auf Fallzahlen reduziert wurden, sondern individuelle Unterstützung und Aufmerksamkeit fanden.
"Wolfgang Sielaff hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Opferperspektive in unserer Gesellschaft nicht nur gehört, sondern auch verstanden und berücksichtigt wird", stellte Grote in seiner Laudatio fest. "Er hat einen Paradigmenwechsel angestoßen, der bis heute nachwirkt."
Ein zentrales Anliegen Sielaffs war die Vernetzung der im Opferschutz tätigen Institutionen. Dank seines über Jahrzehnte gewachsenen Netzwerks konnte er Brücken schlagen und neue Kooperationsmodelle anstoßen. Auch die Nachwuchsförderung lag ihm besonders am Herzen. Er ermutigte Studierende und junge Berufstätige zu eigenständigem Engagement im WEISSEN RING. So stellte er sicher, dass seine Überzeugung - Opferschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe - auch in der kommenden Generation weitergetragen wird.
In seiner Dankesrede betonte Sielaff, dass der Erhalt des Bundesverdienstordens für ihn mehr sei als eine persönliche Auszeichnung. Die Auszeichnung unterstreiche die zentrale Rolle des WEISSEN RINGS für die Begleitung und Stärkung jener, deren Leben nach einer Straftat tiefgreifend beeinträchtigt wurde. Sie sei gleichsam ein Appell, das Leid der Opfer nicht zu übersehen und deren Perspektive in den Mittelpunkt von Politik und Gesellschaft zu rücken.
Mit seinem Einsatz hat Wolfgang Sielaff nicht nur Einzelnen geholfen, sondern sich nachhaltig für eine gesellschaftliche Bewusstseinsänderung eingesetzt. Der Bundesverdienstorden würdigt damit nicht nur seine Vergangenheit - sondern auch sein Vermächtnis.